Pritzwalk – 10 H – für viele Windkraftgegner ist das eine Zauberformel. Etwa in Bölzke (Stadt Pritzwalk): Die Idee, dass der Abstand eines Windrads zur nächsten Wohnbebauung das Zehnfache seiner Höhe betragen sollte, findet
dort viel Anklang. Auch Jan Redmann, CDU-Landtagsabgeordneter aus Wittstock, vertritt diese Forderung. Die mittlerweile nicht mehr unüblichen und in Waldgebieten sogar geforderten 200 Meter hohen Räder müssten dann glatte zwei Kilometer vom nächsten Haus entfernt stehen. Die Bölzker wehren sich gegen 200 Meter hohe Windräder im geschlossenen Waldgebiet Hohe Heide an der Kreisgrenze zwischen Prignitz und Ostprignitz-Ruppin. „10 H sind das A und O“, sagt die Sprecherin der Bölzker Initiative, Fariba Nilchian. „Wenn wir das durchsetzen, ist die Kuh vom Eis.“ Mittlerweile haben sie nicht nur eine Unterstützungsbekundung der Pritzwalker Stadtverordneten. Diese haben sich jetzt obendrein die Bölzker Forderung zu eigen gemacht und am Mittwoch auf
Antrag der FDP ein sogenanntes Plausibilitätsgutachten auf den Weg gebracht, um auf dessen Grundlage die Ausweisung eines Windeignungsgebiets Hohe Heide auf Pritzwalker Stadtgebiet noch zu verhindern. Auch wenn Bürgermeister Wolfgang Brockmann sich keine Frist setzen lassen wollte, um Angebote für
das Gutachten einzuholen, waren sich alle einig, dass Zeitdruck besteht. Denn der neue Regionalplan, in dem das Windeignungsgebiet Hohe Heide ausgewiesen werden soll, könnte schon bald öffentlich ausgelegt werden – dann wird das Gutachten benötigt. Und so werden Stadtverordnete am 14. April wohl erneut über das Gutachten beraten.
Thomas Brandt freut sich auf der einen Seite über den Beschluss. Andererseits aber ärgert den Bürgermeister von Groß Pankow, dass der Abstand zur Wohnbebauung hinweg für die Pritzwalker nicht immer eine Rolle spielt. Brandt hat in seinem Wohnort Kuhsdorf den Windpark im benachbarten Giesensdorf direkt vor der Nase. Kuhsdorf gehört zu Groß Pankow, Giesensdorf zu Pritzwalk.
Grund genug für Brandt, bei den Pritzwalker Stadtverordneten zu erscheinen und seine Meinung deutlich kundzutun: „Ich freue mich über so ein Gutachten, aber
das ist ein Schlag ins Gesicht der Kuhsdorfer.“ Insbesondere ärgert ihn, dass es nach dem Pritzwalker Teilflächennutzungsplan weitere Anlagen in Giesensdorf geben soll, die über 150 Meter hoch sind – und das ohne ein Bauordnungsverfahren. Hier setzt seine Kritik am Pritzwalker Stadtparlament
an, das ein solches Verfahren zwar nicht in Gang setzen müsste, aber könnte.
Denn Brandt und seine Groß Pankower Gemeindevertreter handhaben dies anders. Über Bebauungspläne versuchen sie, das Heft des Handelns in der
Hand zu halten. 10 H ist übrigens für Brandt dabei gar kein Thema. „Wir haben gesagt, wir möchten einen Mindestabstand von 1000 Metern zur Wohnbebauung.“ Über Bauordnungsverfahren haben es die Groß Pankower selbst in der Hand, auf den Abstand Einfluss zu nehmen und die gewünschten
1000 Meter zu erreichen. Auch die Pritzwalker haben dazu nach seiner Meinung alle Möglichkeiten Und: „Wir können nachweisen, dass wir so handeln, dass uns die Gemarkungsgrenze nicht egal ist“, sagt Brandt. Sein Erscheinen bei den Stadtverordneten zeitigte immerhin bereits eine Folge: Der Pritzwalker
Stadtentwicklungsausschuss wird Brandts Anregung aufgreifen und demnächst darüber diskutieren. Fariba Nilchian ist weiter aktiv. Sie trifft sich mit Prignitzer Regionalräten und Abgeordneten. Ihr Ziel: Ein 10 H-Beschluss des Prignitzer
Kreistags. Ähnliche Bestrebungen gibt es auch in Ostprignitz-Ruppin (die MAZ berichtete).